Die wahre Klimalüge -
oder: Die Große Koalition bricht das Klimaversprechen

Eberhard Waffenschmidt, 7.9.2017
Hurrikan Harvey in Texas und der diesjährige Monsun in Asien zeigen eindringlich, was in naher Zukunft durch den Klimawandel häufiger, womöglich regelmäßig auf die Menschheit zukommt. Ein Gegensteuern ist also dringender als je notwendig. Alles in Butter, denkt der Durchschnittsdeutsche, denn Deutschland hat ja den Pariser Klimavertrag unterschrieben und unsere Klimakanzlerin hat doch die Energiewende auf den Weg gebracht.
Doch der Schein trügt. Die wichtigste Maßnahme gegen einen weiteren Ausstoß von Klimagasen ist der Ausbau Erneuerbarer Energien. Dieser wird jedoch massiv behindert. Man kann regelrecht sagen: Die Große Koalition bricht das Klimaversprechen.

Diese harte Aussage lässt sich an den folgenden Punkten zeigen:

- Im letzten Jahr ist der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland sogar wieder leicht gestiegen [1].

- Der Ausbau von Solar- und Windenergie ist seit Beginn von Angela Merkels Amtszeit drastisch zurückgegangen. Das untenstehende Bild (siehe [2]) zeigt, dass der Ausbau von Photovoltaik auf das Niveau vom Anfang der Energiewende zurückgegangen ist.

- Beim aktuellen Ausbautempo von Erneuerbaren Energien kann das Ziel einer Energiewirtschaft ohne Treibhausgas-Emission erst deutlich nach dem Jahr 2100 erreicht werden (siehe weiteres Bild, [3]). Dann ist der Klimawandel längst nicht mehr zu stoppen.

- Anstatt die Photovoltaikindustrie als eine wesentliche Zukunftsindustrie weltweit nach vorne zu bringen, wurde sie von der Bundesregierung im Stich gelassen. Durch den Rückgang sind allein in der Solarbranche nahezu 80 000 Arbeitsplätze verlorengegangen [4].

- Die Nutzung von fossilen Rohstoffen in der Stromerzeugung wird als Brückentechnologie unbefristet weiter anerkannt. Ein geordneter Ausstieg aus der besonders klimaschädlichen Kohleverbrennung wird nicht eingeleitet.

- Die aktuelle Bundesregierung hält weiterhin an Autos mit Verbrennungsmotoren für unbestimmte Zeit fest. Insbesondere bei Dieselfahrzeugen hat sie kürzlich einer Software-Anpassung zugestimmt, die zwar die Stickoxid- Emission reduziert, jedoch den Verbrauch, also auch den Ausstoß von Klimagasen, anhebt. Anstelle die Autoindustrie auf den unausweichlichen Wandel zu emissionsfreien Fahrzeugen vorzubereiten und damit zukunftssicher zu machen, beharrt sie auf dem Status-Quo mit klimaschädlichen Verbrennungsmotoren.

- Die Nutzung Erneuerbarer Energie im Wärmebereich stagniert nahezu. Es kaum Förderprogramme für eine Wärmewende.

Der Rückgang des Ausbaus Erneuerbarer Energien ist vor allem auf die verschiedenen Novellierungen des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG), aber auch weitere bürokratischen Regelungen zurückzuführen:

- Die Einführung von Ausschreibungen für größere Photovoltaikanlagen und für Windanlagen bedeutet eine administrative Deckelung des Ausbaus. Das System beinhaltet inhärent, dass ein Teil von willigen Investoren keine Förderung bekommt, also weniger Anlagen errichtet werden, als Interesse daran besteht.

- Abgaben auf selbstgenutzten Solarstrom machen Photovoltaikanlagen unwirtschaftlich für Gewerbetreibende.

- Pauschale Abstandregelungen für Windräder machen einen Ausbau der Windenergie in manchen Gegenden Deutschlands unmöglich.

- Die Nutzung des Solarstroms von Mietern und Nachbarn ist mit umfangreichen bürokratischen Hürden und zusätzlichen Abgaben verbunden, sodass entsprechende Modell unattraktiv sind. Die kürzlich eingeführte Förderung von Mieterstrom ist in finanzieller Hinsicht unzureichend und erhöht noch den bürokratischen Aufwand.

Dass dieses Thema nicht im Wahlkampf auftaucht, verwundert nicht, sind sich doch offensichtlich beide großen Parteien weitgehend einig: Peter Altmeier, CDU hat mit Angela Merkel die Wende von der Wende eingeläutet, und Sigmar Gabriel, SPD, hat als Wirtschaftsminister das Totenglöckchen dazu klingeln lassen. Da möchte offensichtlich keiner der im Glashaus Sitzenden mit Steinen werfen.

Dass dieses Thema von existenzieller Bedeutung ist, scheint jedoch der Mehrheit der Bundesbürger klar zu sein. Kürzlich fragte das Meinungsforschungsinstitut Kantar-EMNID, welches Thema den Befragten die größten Sorgen bereite [5]. An erster Stelle unter mehreren Themen, die zur Auswahl standen, nannten die meisten Befragten: Den Klimawandel.

Referenzen und Links

[1] Heise online, "Mehr CO2-Ausstoß - Klimaziel für 2020 in Deutschland kaum erreichbar", 16.3.2017, abgerufen 7.9.2017:
https://www.heise.de/newsticker/meldung/Mehr-CO2-Ausstoss-Klimaziel-fuer-2020-in-Deutschland-kaum-erreichbar-3655258.html

[2] Wolf von Fabeck, "CDU-Wahlversprechen zur Energiewende mit Faktencheck", Solarbrief 2/17, S. 46, Aachen, Aug. 2017. Im Internet verfügbar, abgerufen 7.9.2017: http://www.sfv.de/solarbr/2017_2.htm
Leicht unterschiedliche Zahlen, die aber den selben drastischen Trend wiederspiegeln, finden sich mit Referenzen auf BMWi und Fraunhofer ISE unter (abgerufen 8.9.2017): https://1-stromvergleich.com/strom-report/photovoltaik/

[3] Volker Quaschning, "Wege zur Dekarbonisierung und zum Klimaschutz in Deutschland", abgerufen 7.9.2017: https://volker-quaschning.de/grafiken/2015-12_Dekarbonisierung-D/index.php

[4] Strom Report, "Arbeitsplätze in der Photovoltaik-Branche", unter Verwendung von Quellen von BMWi Monitoring EE und Bundesverbandes Solarwirtschaft, abgerufen am 7.9.2017:
https://1-stromvergleich.com/strom-report/photovoltaik/#jobs

[5] SFV, "Größte Sorge der Deutschen: Ergebnisse einer Meinungsumfrage durch KANTAR-EMNID im Auftrag der Funke-Medien-Gruppe", 6.8.2017, abgerufen am 7.9.2017: http://www.sfv.de/artikel/groesste_sorge_der_deutschen.htm


E.Waffenschmidt, 8.Sep. 2017